Berufliche Vorsorge besser verstehen

Obwohl die Altersvorsorge gemäss Sorgenbarometer seit Jahren eine der Hauptsorgen ist, bleibt der Wissensstand zum Thema bescheiden. Gleichwohl wird das Schweizer Stimmvolk voraussichtlich im Jahr 2024 über die BVG-Reform abstimmen dürfen. Um die geplanten Massnahmen besser zu verstehen, ist es hilfreich die BVG-Grundlagen zu kennen.

Die Berufliche Vorsorge (Pensionskasse) ergänzt die AHV/IV bei der Ausrichtung von Alters-, Invaliditäts- und Todesfallleistungen. Das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) legt den Rahmen für die Mindestvorsorge fest. Dabei spricht man vom BVG-Obligatorium.

 

Begriffserklärung

Eintrittsschwelle: Bei einem Jahreslohn über der Eintrittsschwelle von CHF 22'050 ist ein Pensionskassenanschluss für Angestellte obligatorisch.

Koordinationsabzug: Da die 1. Säule ein Teil des Lohnes absichert, wird beim BVG-Lohn ein Abzug von CHF 25'725 vorgenommen. Damit wird eine Doppelversicherung des gleichen Lohnanteils vermieden (Koordination von 1. und 2. Säule).

Max. BVG-Lohn: Bis zum Lohn von CHF 88'200 ist die Versicherung in der beruflichen Vorsorge obligatorisch.

Sparbeitrag: Ein grosser Teil des monatlichen BVG-Lohnabzugs fliesst in die Pensionskasse zur Bildung des persönlichen Altersguthabens. Der Arbeitgeber muss mindestens gleichviel einzahlen. Je nach Alter der versicherten Person liegt der Sparbeitrag zwischen 7% und 18% des versicherten Lohnes.

Mindestzins: Das Altersguthaben muss verzinst werden. Jedes Jahr legt der Bundesrat den Mindestzins fest. Aktuell liegt er bei 1%.

Umwandlungssatz: Auf Basis des Altersguthabens wird mit dem Umwandlungssatz die lebenslange Rente ermittelt. Mit Alter 65 liegt der Mindestumwandlungssatz bei 6.8% (Ein Altersguthaben von CHF 100'000 ergibt eine jährliche Rente von CHF 6'800).

Überobligatorische Vorsorge: Werden freiwillig Leistungen über das BVG-Obligatorium hinaus erbracht, fliessen sie in die überobligatorische Vorsorge. Diese ist deutlich weniger reguliert. So gibt es keine Vorgaben betreffend Umwandlungssatz oder Verzinsung und auch die Sparbeiträge können bis zu einem gewissen Umfang frei definiert werden.

BVG-Reform - Vorgesehene Massnahmen

Das Kapital zur Finanzierung der laufenden Renten wird aufgrund der längeren Lebenserwartung knapp und Erwerbstätige müssen diese mitfinanzieren (ungewollte Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern). Die Reduktion des Umwandlungssatzes auf 6% soll dem entgegenwirken. Anstatt laufende Renten mitzufinanzieren, sollen Erwerbstätige mehr in die eigene Vorsorge einzahlen können und die Senkung des Umwandlungssatzes somit kompensieren. Dies benötigt jedoch Zeit, die Personen kurz vor der Pensionierung nicht mehr haben. Dafür ist ein Rentenzuschlag für die ersten 15 Jahrgänge, die nach Inkrafttreten der Reform in Rente gehen, vorgesehen. Zur Verbesserung der Vorsorge von Personen mit tiefen Löhnen, Teilzeitbeschäftigten und Personen mit mehreren Arbeitgebern sind die Anpassung der Eintrittsschwelle auf CHF 19'845 und des Koordinationsabzugs auf 20% vom AHV-Lohn vorgesehen. Dies bedeutet aber auch höhere Pensionskassenbeiträge bzw. Abzüge auf tiefen Löhnen. Zuletzt sind für die Sparbeiträge nur noch 2 Alterskategorien vorgesehen und der Beitragssatz wird angepasst. Neu sind von Alter 25 bis 44 Sparbeiträge von 9% und ab Alter 45 von 14% vorgesehen. Mit einem tieferen Sparbeitrag (14% anstelle von 18%) werden ältere Erwerbstätige auf dem Arbeitsmarkt für die Arbeitgeber finanziell attraktiver.

 

 

 

Valentin Chiquet

Valentin Chiquet

Handlungsbevollmächtigter
Finanzplanung & Vorsorgeberatung
BSc HES-SO in Betriebsökonomie


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