Anpassungen im Bereich der Vorsorge

m 25. September 2022 wurde die Reform AHV 21 vom Volk angenommen. Ein Reformbedarf besteht jedoch nicht nur im Bereich der AHV (1. Säule). Auch die berufliche Vorsorge (2. Säule) ist unter Druck. Demzufolge hat der Bundesrat im November 2020 die Botschaft zur BVG-Revision verabschiedet.

Anpassungen in der 1. Säule
Das ordentliche Rentenalter (neu Referenzalter) für Frauen wird generell von 64 auf 65 erhöht. Das Referenzalter wird schrittweise um jährlich 3 Monate erhöht. Sollte die Reform ab 01.01.2024 in Kraft treten, bedeutet dies für Frauen mit Jahrgang 1964 und jünger eine ordentliche Pensionierung mit Alter 65. Frauen mit Jahrgang 1961 bis 1963 profitieren von einer Übergangsregelung und müssen 3, 6 oder 9 Monate länger arbeiten.

Zur Abfederung der Übergangsgeneration (voraussichtlich die Jahrgänge 1961 bis 1969), sind zwei Massnahmen vorgesehen. Es sind dies ein lebenslanger Rentenzuschlag bei einer ordentlichen Pensionierung und ein tieferer Kürzungssatz bei einem Vorbezug. Der Rentenzuschlag und die Kürzungssätze sind abhängig von Alter und Einkommen. Frauen mit geringem Einkommen sollen einen grösseren Zuschlag erhalten.

Nebst der Anpassung des Referenzalters und der Abfederungsmassnahmen soll der AHV-Rentenbezug flexibler ausgestaltet werden. Im Gegensatz zu heute soll die AHV-Rente nicht nur 1 oder 2 ganze Jahre im Voraus vorbezogen werden können, sondern zwischen Alter 63 und 70 jederzeit auf Anfang des Folgemonats abrufbar sein. Frauen der Übergangsgeneration steht der Vorbezug weiterhin ab Alter 62 offen. Weiter werden in Zukunft auch Teilbezüge der AHV-Rente möglich sein.

Mit der Weiterführung der Erwerbstätigkeit nach dem Referenzalter kann die Rentenleistung verbessert werden (bis maximale Rente). Aktuell fliessen AHV-Beiträge nach Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters nicht in die Rentenberechnung ein. Dies gilt auch für AHV-Beiträge aus dem Verkaufserlös der eigenen Firma (Liquidationsgewinn). Dies wird sich in Zukunft ändern. An der Volksabstimmung vom 25. September wurde auch der Bundesbeschluss zur Erhöhung der Mehrwertsteuer angenommen und ermöglicht somit eine Zusatzfinanzierung der AHV via Mehrwertsteuer.

Problematik in der 2. Säule und Ziele der BVG-Revision
Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer mehr Menschen aus der Arbeitswelt ausscheiden. Das Verhältnis von aktiven Erwerbstätigen zu Pensionierten verändert sich. Gleichzeitig werden Menschen in der Schweiz immer älter. Das Kapital zur Finanzierung der laufenden Renten wird knapp und Kapitalerträge auf dem Vorsorgeguthaben von aktiv-Versicherten werden zu einem wesentlichen Teil zur Finanzierung der laufenden Renten herangezogen. Dies, obwohl die Umverteilung der eigentlichen Idee der beruflichen Vorsorge widerspricht. Die Reform BVG21 soll Abhilfe schaffen. Langfristig soll die Finanzierung der beruflichen Vorsorge gestärkt und sichergestellt werden. Ein zentraler Punkt der Botschaft ist, das Leistungsniveau zu erhalten. Zudem soll die Vorsorge für Teilzeitbeschäftigte – insbesondere Frauen und Personen mit mehreren Arbeitgebern – verbessert werden.

Reform BVG 21
Der Rentenumwandlungssatz soll im obligatorischen Bereich zwecks Anpassung an die längere Lebenserwartung von heute 6.8% auf 6% angepasst werden. Im wenig regulierten Überobligatorium haben die Pensionskassen den Umwandlungssatz längst an das heutige Umfeld angepasst. Trotzdem bedeutet die Senkung des obligatorischen Umwandlungssatzes eine Kürzung der Altersrenten. Diese Kürzung soll mit der Einführung eines altersabhängigen Rentenzuschlags von monatlich CHF 100.– bis CHF 200.– während einer Übergangszeit von mindestens 15 Jahren, kompensiert werden. Die Finanzierung des Zuschlags soll solidarisch über einen Lohnabzug finanziert werden. Um die Vorsorge von Teilzeitbeschäftigten und Personen mit mehreren Arbeitgebern zu verbessern, soll der Koordinationsabzug von CHF 25095.– auf CHF 12443.– gesenkt werden. Ein reduzierter Koordinationsabzug erhöht die Versicherungsbasis und damit auch die Vorsorgeleistungen. Zuletzt sollen die Alterskategorien und ihre Sparbeiträge angepasst werden. Anstatt vier Alterskategorien sollen nur noch zwei Alterskategorien gelten. Neu sollen Versicherte zwischen Alter 25 und 44 ein Sparbeitrag von 9% leisten. Ab Alter 45 würde dieser bis zur Pensionierung auf 14% steigen.

Stand der Reform
Die Botschaft wurde im November 2020 vom Bundesrat verabschiedet und im Dezember 2021 mit einigen Anpassungen vom Nationalrat gutgeheissen. Der Ständerat hat die Botschaft im Juni 2022 vorerst zurückgewiesen und in eine Zusatzschlaufe geschickt.

Valentin Chiquet
Finanzplanung & Vorsorgeberatung
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